1. Mieterschutz und sozialer Wohnungsbau

Ein Schwerpunkt im Landtagswahlkampf ist für mich die Verbesserung der Situation der Mieter und Mieterinnen in Bayern. Ich habe als Vorständin des Mietervereins Kronach und als Beirätin des bay. Landesverbandes des Deutschen Mieterbundes ständig mit den Sorgen und Nöten der Mieter zu tun. Ich setze mich seit 2015 für die Belange der Mieter und Mieterinnen aktiv ein. Deutschland ist ein Land der Mieter, 57,9 % der Einwohner Deutschlands wohnen zur Miete, das sollten wir nicht vergessen.

In den letzten Jahren ist schon die Kaltmiete rasant gestiegen, zusätzlich gab es auch immer einen Anstieg der Betriebskosten, die mittlerweile explodieren. Zur Miete wohnen ist zu einem Armutsrisiko geworden. Schon 2019 war jeder vierte Mieterhaushalt armutsgefährdet. Das betrifft auch nicht mehr nur den einkommensschwachen Bevölkerungsanteil, sondern hat längst die sog. Mittelschicht erreicht.

Es muss jetzt gehandelt werden. Eine erste Maßnahme wäre ein Mietenstopp in staatlichen und kommunalen Wohnungen für 6 Jahre. In der Zeit der Niedrigzinsphase, also seit 2007, sind Mietwohnungen immer mehr zu Renditeobjekten geworden und viele, auch ausländische Investoren, haben Mietshäuser als lukrative Geldanlage entdeckt. Folge war das Ingangsetzen einer Mietpreisspirale nicht nur bei Neubauten, sondern auch im Altbau und auch im unrenovierten Altbau.

Verschärft wurde das Ganze durch das Schrumpfen des Bestands der Sozialwohnungen im gleichen Zeitraum. Die Anzahl der Sozialwohnungen hat sich im gleichen Zeitraum bundesweit halbiert, in Bayern hat sich die Anzahl der Sozialwohnungen von 180.000 auf 135.000 reduziert. Man könnte jetzt argumentieren, dass statt eines Mietenstopps für 6 Jahre besser mehr Sozialwohnungen gebaut werden sollten, das funktioniert aber zurzeit wegen der immens gestiegenen Baukosten nicht. Aktuell gibt es eine regelrechte Stornierungswelle im Deutschen Wohnungsbau aufgrund der explodierenden Materialien und Energiekosten und der steigenden Finanzierungskosten.

Nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes wären ca. 23 Millionen Mieterhaushalte berechtigt, in einer geförderten Wohnung zu leben. 2020 belief sich der Bestand der Sozialwohnungen auf 1,13 Millionen. Die Bundesregierung plant, jährlich 100.000 neue Sozialwohnungen zu schaffen. Diese Anzahl reicht aber bei Weitem nicht, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Gegenwärtig ist ein zeitlich begrenzter Mietenstopp das einzige Mittel, eine weitere Verarmung großer Teile der Bevölkerung durch hohe Wohnkosten wirksam zu verhindern.

In Bayern kann der Mietenstopp zumindest in den staatlichen Wohnungen problemlos umgesetzt werden. Der Freistaat besitzt 16.770 Wohnungen und der Bayerische Bauminister hat angekündigt, angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation bis April 2025 keine Mieterhöhungen zu verschicken, bei Modernisierung oder Mieterwechsel behalte man sich aber Mieterhöhungen vor. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Mietenstopp muss auch für die Wohnungen in Kommunaler Hand gelten, auch bei Mieterwechsel und bis mindestens 2028.

Gleichzeitig muss natürlich verstärkt in den sozialen Wohnungsbau investiert werden. In Bayern sieht man sich zwar gerne als ganz weit vorne beim Sozialwohnungsbau an, weil im April erst die Förderrichtlinien angepasst wurden und der Zuschuss von 300,00 € auf 500,00 € erhöht wurde, aber das ist bei den aktuellen Baukosten nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Subventionsbedarf liegt bei mindestens 2.000,00 € pro qm. Soviel will der Bayerische Bauminister aber dann doch nicht ausgeben für den sozialen Wohnungsbau, weil er fürchtet, dass eine hohe Förderung die Baupreisinflation anheizen würde und dies zu Lasten des privat finanzierten Wohnungsbaus gehen würde. Da liegt er aber falsch.

Teure neue Wohnungen und Eigentumswohnungen werden genug gebaut. Was notwendig ist, ist mehr preiswerter Wohnraum, der bei den aktuellen Baukosten und der unzureichenden Förderung sicher nicht privat finanziert gebaut wird. Zusätzlich muss die von der Bundesregierung unter Helmuth Kohl 1989 abgeschaffte Wohngemeinnützigkeit wieder eingeführt werden. Ich befürworte ausdrücklich das Konzept der Neuen Wohngemeinnützigkeit des Deutschen Mieterbundes.

Die allgemeine Förderung des Wohnungsbaus durch Abschreibungen und allgemeine Wohnungsförderungsprogramme sind nicht ausreichend, es braucht ergänzend eine dauerhafte Steuerbefreiung von Körperschafts-, Gewerbe-, Grund- und Grunderwerbsteuer für Wohnungsunternehmen, die dauerhaft preiswerten und sozialen Wohnraum schaffen und einen bevorzugten Zugang zu Fördermitteln. Weiterhin muss die Rekommunalisierung vorangetrieben werden. Die marktliberale Politik der Privatisierung, die in den letzten 30 Jahren dominant war, führte dazu, dass viele staatliche Wohnungen an private Investoren veräußert wurden. Allein zwischen 1999 und 2021 wurden in Deutschland insgesamt 608.000 öffentliche Wohnungen an private Eigentümer verkauft. Der Bestand der Wohnungen in staatlicher Hand beläuft sich nur noch auf 2,8 Millionen Wohnungen und damit auf nur 12 % des Gesamtwohnungsbestandes.

Zum Vergleich: Vonovia S. E., das größte private Wohnungsunternehmen in Deutschland, besitzt allein 550.459 Wohnungen. Die Privatisierungswelle insbesondere ab dem Jahr 2000 führte zu Mietsteigerungen, Verdrängungs- und Verteilungskonflikten. Durch sie stiegen die Preise für Neuvermietungen schneller als Löhne und Einkommen. Hohe Mieten und Wohnungsknappheit führten dazu, dass derzeit in Deutschland 263.000 Menschen ohne festen Wohnsitz leben und 40.000 davon auf der Straße. Die überwiegende Mehrheit sind deutsche Staatsangehörige. Der Rückkauf von ehemals staatlichen Wohnungen sollte daher auf Landes- und kommunaler Ebene vorangetrieben werden. Ich selbst konnte 2021 bei der Rekommunalisierung von 644 ehemals kommunaler Wohnungen mitwirken und das Ergebnis war trotz heftiger Kritik von vielen Seiten im Vorfeld für Mieter und neuem Eigentümer ein Erfolg.